Einst mehr als 330, heute nur noch eine
Im Gebiet „Grund“ entstand um die Wende zum 20. Jahrhundert eine typische Ansammlung von einheitlichen Stickerhäusern als Folge des florierenden Stickereigewerbes. Merkmale dieser Häuser sind die überhöhten Erdgeschosse, in denen die Handstickmaschinen standen. Solche Häuser finden sich einzeln oder in Gruppen in vielen weiteren Teilen des Dorfes und seiner Weiler. Von einst mehr als 330 Handstickmaschinen steht heute die einzige im Ortsmuseum.
Die Eisenbahn lockte Textilbetriebe nach Flawil. Es entstanden ganze Quartiere mit Heimarbeitsplätzen an mehr als 330 Handstickmaschinen. Das Wachstum erforderte bessere und erweiterte Infrastruktur: 1894 das Krankenhaus, Schulhäuser im Enzenbühl, Feld und Schulhäuser mit Turnhalle im Grund, in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts eine neue und grössere katholische Kirche. Mit der Anwerbung von Arbeitskräften für das Textil- und Baugewerbe aus südlichen Ländern glichen sich die Anteile von reformierter und katholischer Bevölkerung aus.
Während das Oberdorf (im Bild oben links Quelle: https://ba.e-pics.ethz.ch/) eher stickerei- und kleingewerblich durchmischt war, bestand das Grund (unten im Bild und rechtes Bild) praktisch nur aus Stickerhäusern. Diese gab es aber nicht nur in diese beiden Quartieren, auch in anderen Dorfteilen entstanden Stickerhäuser entlang den Strassen.
Herr Haltmann an seiner Stickmaschine im Haus Krankenhausstrasse 16, um 1930
Die Handstickmaschine im Ortsmuseum aus der Zeit um 1895. Sie ist ein Geschenk der Stickereifirma A. Naef AG.
Unweit des Stickerquartiers stand das kantonale Spital, welches Flawil 2021 verlor. Gegründet um 1893 diente es während Jahrzehnten als Gemeindespital. Es erlebte immer wieder Erweiterungsbauten und wurde ab 1987 durch Verkauf an den Kanton Teil des Kantonsspitals. Es genoss in der Region grosse Wertschätzung.
Das Krankenhaus um 1894, um 1914, um 1925, um 1935, um 1940, um 1965 und 2022