Hä, flawilisieren?
1836 versammelten sich gegen 8‘000 Bürger des Kantons St.Gallen auf der Weidegg. Sie fassten eine Resolution zuhanden der eidgenössischen Tagsatzung, Versammlung der Abgesandten der alten Stände/Kantone, in welcher sie ihre Besorgnis wegen der Streitereien um eine neue Bundesverfassung ausdrückten. Ebenso verlangten sie, dass die Eidgenossenschaft die Einmischung ausländischer Herrscherhäuser im Zusammenhang mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus deren Ländern zurückweise. Dieser Versammlung folgten weitere Volksversammlungen in der Schweiz. Diese Unmutsäusserungen gingen als «flawilisieren» in die Geschichte ein.
Auf der Weidegg stand während Jahrzehnten der Bauernhof mit Wirtschaft „Weidegg“, zeitweise auch Villa Lietha genannt. Sie war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus der Ort für gesellschaftliche Anlässe wie Flawiler Kinderfeste und andere Festivitäten. In einem Film von 1912 ist die vierfache Fahnenweihe vom 21. April 1912 festgehalten. Die beiden Männerchöre Harmonie und Sängerbund, die Schützengesellschaft und der Militärschützenverein präsentierten gemeinsam ihre neuen Vereinsfahnen. Der Film galt bis im Jahre 2020 als ältester Film des Kantons St.Gallen. Dies änderte sich mit dem Auffinden der Aufnahmen vom Auszug der Belegschaft aus der Weberei Ottiker aus der Zeit von 1905-1908.
Anfangs des 20. Jahrhunderts bauten Flawiler Unternehmer in der Hochblüte der Stickereizeit erste Fabrikanten-Villen am Osthang unterhalb der Weidegg.
Die katholische Kirche folgte 1935 auf einen ersten Kirchenbau von 1844 im Areal des heutigen Friedhofs.
Zeitgenössische Ansicht der
Volksversammlung auf der Weidegg von 1836
(Bild Zentralbibliothek Zürich)
Die vierfache Fahnenweihe am 21. April 1912 von Männerchor Harmonie, Männerchor Sängerbund, Schützengesellschaft und Militärschützenverein. Die alten Fahnen werden in einem feierlichen Akt verabschiedet und die neuen entrollt.
Der zweitälteste Film des Kantons St.Gallen, gedreht von Alexander Dahlmann-Fasold, aus der Sammlung des Kinematographen Leuzinger von Rapperswil zeigt:
Bildlegenden v. l. n. r.: Enzenbühl und Lörenhügel um 1912; Wisental und Meiersegg vor dem Bau der neuen katholischen Kirche, um 1933; die beiden katholischen Kirchen von 1935 und 1844 (Architekten Karl Zöllig und Felix W. Kubly); 1936 sind auch Pfarrhaus und Kapelle fertiggestellt.
Diese Panorama-Aufnahme von der Weidegg vermittelt einen Blick aufs Dorf um 1888
Panorama-Ansichtskarte aus der Zeit um 1917
Das Gebiet von Flawil lag vor ca. 24'000 Jahren noch unter einer massiven Eisdecke. Das Landschaftsbild in und um Flawil ist geprägt von den eiszeitlichen Ablagerungen.